Wohnimmobilienverwalter: Sachkundenachweis ade, nun kommt die Weiterbildungspflicht

Zu den Verbrauchern zählen auch die Wohnungseigentümer. Benötigen diese überhaupt einen Schutz? Schließlich war der Immobilienerwerb die größte Investition, die diese Verbraucher getätigt haben.

Wenn es um die Verwaltung dieser Immobilien im Wert von zwei- oder dreistelligen Tausend Eurobereich geht, da meint der Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages, der ja für die Wirtschaft tätig ist, nicht aber für die Verbraucher, dass hier kein besonderer Schutz für Verbraucher notwendig ist.

Folglich hat eben jener Ausschuss, den Gesetzentwurf geändert, der die Berufszulassungsregelungen für die Verwalter regelt. In der Woche vom 19.-22.06.2017 soll dieser Gesetzentwurf endgültig verabschiedet werden. Es wird erwartet, dass der Deutschen Bundestag diesen Gesetzesentwurf „durchwinkt“.

 

Als Ergebnis ist festzuhalten:

 

1. Der von verschiedenen Seiten geforderte Sachkundenachweis für WEG-Verwalter wurde ersatzlos gestrichen.
2. Es wird eine Weiterbildungspflicht von 20 Stunden eingeführt.

 

Zur Erinnerung: Bisher braucht ein WEG-Verwalter lediglich einen Gewerbeschein. Eine berufliche Ausbildung ist für diese Tätigkeit nicht notwendig, um das Betongold der Eigentümer zu verwalten.

 

Bei näherer Betrachtung sträuben sich die Nackenhaare:

 

a) Weiterbildung statt Sachkundenachweis
Gemäß dem Gesetzentwurf reicht statt einer Ausbildung oder Sachkundenachweis künftig eine verpflichtende Weiterbildung. Das fachliche Defizit einer fehlenden Ausbildung / Sachkundenachweis soll künftig durch eine Weiterbildung ausgeglichen werden.

Auf welchem Wissen soll diese Weiterbildung aufbauen, wenn nicht einmal eine Ausbildung / Sachkunde vorhanden ist? Es entsteht der Eindruck, dass durch die gesetzliche Neuregelung mit der künftigen Weiterbildung erst eine „verdeckte“ Ausbildung der Verwalter geschaffen wird, die sich langsam über Jahre aufbaut.

Fachliche Kenntnis braucht ein Verwalter bei Aufnahme seiner Tätigkeit weder jetzt noch künftig nachzuweisen. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit gab es bislang keine Weiterbildungspflicht. Hier geschieht künftig etwas. Ein Basiswissen des Verwalters wäre aber schon ab der ersten Aufnahme dieser Tätigkeit nötig.

Die politische Vorstellung, dass jeder langjährig tätige Verwalter per se Grundkenntnisse hat, wird übrigens durch zahlreiche Gerichtsverfahren widerlegt.

 

b) Weiterbildung für wen?
Wer soll denn weitergebildet werden? Nur die Geschäftsinhaber, die Objektbetreuer/innen, die Buchhaltungskräfte und/oder die Bautechniker/innen? Hier fehlen derzeit Antworten.

 

c) Dauer der Weiterbildung
20 Stunden Weiterbildung in drei Jahren, so sieht der aktuelle Vorschlag aus.

Rechnen Sie doch mal durch:
Pro Jahr beträgt die Fortbildung dann 6 Stunden und 40 Minuten. Dies sind pro Jahr 400 Minuten. Bei einer tatsächlichen Arbeitszeit von angenommen 200 Arbeitstagen beträgt die Fortbildung ganz 2 Minuten pro Arbeitstag. Die Weiterbildung dauert somit gerade mal 0,41% der täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden.

Wie lange dauert es, eine Seite Fachliteratur zu lesen? Wie weit kommt man da mit 2 Minuten?

 

d) Zeitumfang „eine Stunde“
Bisher wurden 60 Minuten pro Stunde angenommen.

Im Bildungsbereich dauert eine Unterrichtsstunde (UE) lediglich 45 Minuten. Da können Sie auch z.B. Ihre Kinder oder Enkel fragen.

Bezieht sich der Vorschlag von 20 Stunden auf 45 Minuten pro UE, dann umfasste die „echte“ Weiterbildung für drei Jahre lediglich 900 Unterrichtsminuten. Pro Jahr wären es ganz 300 Unterrichtsminuten für die Fortbildung. Was kann man da so alles lernen?

 

e) Weiterbildung wird nicht wahrgenommen
Die Weiterbildung wird zur Pflicht. Jetzt darf man gespannt sein, was passiert, wenn nach drei Jahren ein Verwalter dieser Pflicht nicht vollumfänglich nachgekommen ist. Oder wenn er statt 20 Pflichtstunden zum Beispiel nur 18 Stunden absolviert hat?

Bedeutet dies, dass er/sie dann alle WEG-Verwaltungsverträge auflösen muss? Stehen die Wohnungseigentümer dann von heute auf morgen ohne Verwalter dar? Diese Frage zum Verbraucherschutz stellt sich der Gesetzgeber nicht.

 

f) Künftige Rechtsverordnung regelt Details
Sollte dieser Gesetzesentwurf verabschiedet werden, soll eine Rechtsverordnung die Details regeln. Themen könnten dann unter anderem sein: Wie lange dauert eine Stunde Weiterbildung? Wer darf sie durchführen? Welche Kompetenz haben diese Anbieter? Welche Qualität soll vermittelt werden und an wen? Wie ist der Wegfall der Berufszulassung zu regeln, wenn keine Weiterbildung erfolgt?

 

g) Kosten der Weiterbildung
Wer trägt eigentlich die Kosten für die Weiterbildung? Natürlich der Verwalter. Sein Gewinn wird damit kleiner. Also wird er versuchen, diese Kosten an die Wohnungeigentümer in Form von Preiserhöhungen weiterzugeben.

Also freuen wir uns als Wohnungseigentümer auf steigende Preise.

 

h) Qualität des Verwalters
Nach dem aktuellen Gesetzesentwurf sollen es dem Verbraucher, also dem Wohnungseigentümer, ermöglicht werden, sich ein Bild über die fachliche Qualität seines Verwalters zu machen. Wenn dies auch für Politiker gelten würde!

Unser Tipp: Lassen Sie sich als Eigentümer schon heute vertraglich alle Weiterbildungsmaßnahmen (Teilnehmer, Veranstalter, Thema, Dauer, Vorlage eines Teilnahmebescheinigung etc.) von Ihrem Verwalter nachweisen. Bei Altverträgen ist dieser Punkt zwingend nachträglich in die Verträge aufzunehmen (vgl. Punkt e)).

 

i) Wohnimmobilienverwalter
Nach erfolgreicher Berufszulassung bekommt unser WEG-Verwalter auch eine neue Berufsbezeichnung. Sie nennen sich dann „Wohnimmobilienverwalter“, so sieht es das Gesetz vor. Miet- und WEG-Verwalter werden unter diesem Begriff zusammengefasst.

 

j) Verbraucherschutz für Wohnungseigentümer
Ein WEG-Verwalter braucht in der Startphase weiterhin keine Ausbildung oder einen Sachkundenachweis. Das verstehen Politiker unter Verbraucherschutz. Folglich brauchen Wohnungseigentümer keinen Schutz. Sie sind als Verbraucher und als Wohnungseigentümer weiterhin auf sich gestellt.

Ganz nebenbei: Die Verbraucherzentrale Berlin berät nicht in Sachen Wohnungseigentum

Aus politischer Sicht stellt sich die Frage, ob es sich nicht um einen Fall von Diskriminierung handelt oder um die Bestätigung des alten Vorurteils, dass alle Wohnungseigentümer reich bzw. Kapitalisten seien.

Auf jeden Fall: Verbraucherschutz für Wohnungseigentümer bleibt so richtig spannend.

 

Wir bleiben für Sie am Ball.

 

20.06.2017 – Dieter Walinski

 

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